Hoch gesteckte Ziele – Bericht zum WÖM2 Workshop
„Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien: Bedeutung, Chancen und Risiken der sozialen Medien” – zu diesem Workshop (#wöm2) hatten die Wissenschaftsakademien am vergangenen Freitag eingeladen. Inhaltlich ging es vor allem darum, wie die Onlinekommunikation sich auf die Wissenschaftskommunikation auswirkt. Schon alleine die Tatsache, dass die Veranstaltung statt gefunden hat, ist positiv zu bewerten.
Tobias Maier war für das NaWik dabei und berichtet:
Vor dem eigentlichen Workshop hatte die Akademien-Arbeitsgruppe “Kommunikation zwischen Wissenschaft, Öffentlichkeit und Medien” drei Expertisen eingeholt. Sie sollten nichts weniger als den konkreten Einfluss von Social Media, wie Twitter, Facebook, Blogs und Co. auf alle Formen der Wisenschaftskommunkation (also von der PR bis zum Wissenschaftsjournalismus) untersuchen.
Das klingt vielversprechend und auch das Tagungsprogramm mit drei zentralen Themenblöcken weckte hohe Erwartungen :
- Gatekeeping: Qualitäts‐ und Vertrauenssicherung für Berichterstattung über Wissenschaft im Zeitalter der digitalen Medien
- Ökonomische Perspektiven des Wissenschaftsjournalismus und der Wissenschaftskommunikation
- Künftige technische Rahmenbedingungen digitaler Medien der öffentlichen Kommunikation (unter Berücksichtigung für Wissenschaftsthemen besonders relevanter Kanäle)
In der Tat waren die Vorträge und Kommentare interessant, doch wurden sie den großen Überthemen leider nicht vollständig gerecht. Wobei umfassende Analysen zu diesen großen Themenkomplexen in der Tat schwierig sind.
Zuerst gab der Hamburger Medienforscher Jan-Hinrik Schmidt vom Hans-Bredow-Institut einen gut strukturierten Überblick über aktuell genutzte soziale Medien in der Wissenschaftskommunikation in Deutschland. Wer nachklicken will, kann seine 14 Folien auf Slideshare ansehen und nachlesen.
Der Überblick ist ihm gelungen. Das eigentliche Thema der ersten Session, die Frage, wie sehr eine Qualitätssicherung in der Kommunikation über Soziale Medien notwendig ist, und welche Mechanismen dafür in Frage kommen, wurde aber leider nicht hinreichend beleuchtet.
Für die zweite Session stellte die Publizistik- und Kommunikationswissenschaftlerin Leyla Dogruel von der FU Berlin die Ergebnisse ihrer zusammen mit Klaus Beck durchgeführten Untersuchung der ökonomischen Perspektiven der Wissenschaftskommunikation vor. Sie formulierte hierzu fünf Thesen, die meiner Meinung nach teils auf fraglichen Prämissen beruhten (hat je wer behauptet dass soziale Medien Wissenschaftsjournalismus ersetzen sollen oder können?). Auch die lückenhafte Datenlage machten die Thesen nicht überzeugender. Es blieb das Gefühl, dass hier noch viel zu tun ist.
So präsentierte Dogurel eine Übersicht über die Kostenfaktoren der professionellen Nutzung sozialer Medien (siehe Abbildung). Der Nutzen der sozialen Medien für die Wissenschaftskommunikation, eigentlich Kernthema des Projekts, wurde aber leider nicht ökonomisch untersucht.
Die finale Session zu künftigen technischen Rahmenbedingungen nutzte Henning Lobin, um auf alternative Messmethoden der Reichweite von Publikationen hinzuweisen, die sogenannten Altmetrics. Lobin, Sprachwissenschaftler und Computerlinguist an der Justus-Liebig-Universität Gießen und selbst Blogautor, hat die potenzielle Bedeutung der sozialen Medien für Wissenschaftler:innen erkannt und gefolgert, dass der Terminus “publish or perish” durch “communicate or perish” ersetzt werden könnte. Medienschaffende müssten zunehmend “hybrid” arbeiten und einerseits die sozialen Medien als Recherchenquelle nutzen, andererseits Ihren Stil den sozialen Medien anpassen und neben Text auch an interaktive Formate und Visualisierungen denken. (Eine umfassende Analyse seiner Expertise hat übrigens Hennig Krause hier verbloggt.)
Vor dem Koordinator des #wöm2-Projekts Peter Weingart liegt viel Arbeit. Der renommierte Soziologe muss es schaffen aus dem zusammengetragenen Material sinnvolle Vorschläge zu extrahieren. Dies sollte nach den Worten der SPD-Bundestagsabgeordneten Daniela De Ridder möglichst schnell geschehen. Das anstehende Wahkampfjahr mache es schwierig, Themen wie Wissenschaftskommunikation auf die politische Agenda zu heben. Klare Ergebnisse und und Konkrete Empfehlungen sollten also schnellstmöglich an die Politik kommuniziert werden.
Ich hatte bei seinen Schlussworten jedoch nicht den Eindruck, dass er diese Chance wahrnehmen möchte (im Video ab 4:56:00). Vielleicht weiß er aber auch, dass er sich nicht wahrnehmen werden kann, weil die bislang vorliegenden Ergebnisse dafür einfach nicht ausreichen.